Mit leichter Verzögerung widmen wir uns dem letzten Überlebenden der ursprünglichen (in diesem Fall nicht ganz so deutschen) Ur-Exportbiere. Wobei unser Patient dem klinischen Tod entgegensteuert und nur noch rudimentäre Lebenszeichen vorweisen kann.
Verbreitet ist das Wiener Export nämlich kaum noch. Der Mozartkugelnstaat scheint offenbar allerdings eine Art Programm zur Rettung seines ältesten Exportbiers unternommen zu haben.
Und hier wird’s jetzt komplex.
Das klassische Wiener Export hat rund 13-14 % Stammwürze, hat einen satten Kupferton wodurch es bedeutend dunkler ist als das Dortmunder oder ein Helles aus München Hell (aber heller als ein Münchner Dunkel!) und ist kräftig gehopft.
Das Münchner Wiesnbier ähnelt damit dem Wiener Export heute allerdings bedeutend mehr als das das Wiener Export sich selbst. Der Name ist nämlich fast ausgestorben. Lediglich die Brauart wird noch hier und da verwendet.
Kurios hierbei ist, daß das Wiesnbier mit sich selbst quasi nichts mehr gemein hat. Es wurde früher anders gebraut als heute und hatte zu dieser Zeit kaum etwas mit dem Wiener Export gemein. Es waren untergärige Lagerbiere.
Das Wiesnbier war nämlich eigentlich mal ein Märzenbier. Und aus denen ist die Tradition des Oktoberfestes entstanden. Zum Oktoberfest feierte man nämlich aus verschiedenen Gründen die neue Brausaison. Und zu dieser Feier wurde der Rest an Märzen der Vorsaison ausgeschenkt.
Wir lernen also: das Wiesnbier von heute hält somit eher die Tradition des quasi untergegangenen Wiener Exports aufrecht, während andere Märzenbiere sich um die Tradition des Wiesnbiers kümmern.
Wieso nicht einfach jedes Bier seine eigene Ursprünglichkeit pflegt, ist dabei das große Rätsel.
Vielleicht gibt es einen günstigeren Tarifverbund wenn man die eigene Bier-Denkmalpflege outsourced.